Homesharing: Airbnb versus Wohnraummangel
Airbnb ist eine der weltweit größten und bekanntesten Plattformen des Shared Economy-Bereichs, doch stößt in Deutschland durch Wohnraummangel zunehmend auf Probleme. Was genau dahintersteckt lesen Sie in der neuen Story des Monats im April.
Stellen Sie sich vor, Sie möchten in den Süden reisen und haben bereits alles vor Augen. Den herrlich weichen Sandstrand und das strahlend blaue Meer. Genauso die Stadt drum herum mit ihren bunt-lebhaften, teils modernen, teils traditionellen Fassaden. Doch einen Knackpunkt hat die Sache. Das Budget reicht nicht für das beste Hotel und etwas Anspruch hat man dann ja doch, um nicht nur irgendein dezentrales Hotel zu nehmen. Airbnb ist eine Plattform, auf der man Wohnungen privater Gastgeber mieten kann. Das heißt, dass Einheimische ihre Immobilien an Touristen vermieten und sich damit etwas dazuverdienen. Auf der anderen Seite, dass Touristen bei der Unterkunft durch meist sehr faire Mieten ordentlich sparen können und zudem einen maximal authentischen Aufenthalt genießen. Wie könnte man schließlich besser mit den Kulturen und Lebensarten anderer Länder auf Tuchfühlung gehen, als wenn man eine echte Wohnung auf Zeit bezieht?
Airbnb ist weltweit vertreten und jeder kann seine privaten Immobilien vermieten, wenn man selbst nicht da ist – oder wenn man die Wohnungen genau dafür unterhält. Und hier kommen wir zum Problem des Ganzen. In Deutschland herrscht aus vielerlei Gründen Wohnraummangel und viele Wohnungen werden allein für Airbnb oder auch sonstige Vermietungszwecke unterhalten. Nicht aber, um selbst darin zu wohnen. Das zieht nach sich, dass Menschen mit dringendem Wohnungsbedarf noch länger auf eine Wohnung warten müssen und nichts Passendes finden. Gerade in begehrter Innenstadtlage, also dort, wo die Touristen gerne wohnen möchten, ist das so. Wie aber kann man gegen dieses Problem ankämpfen? Und ist es wirklich notwendig?

Die Politik hat das Problem bereits erkannt.
Das Problem Airbnb versus Wohnraummangel ist nicht neu. Schon seit mehreren Jahren, in denen die amerikanische Unterkunftsplattform auch in Deutschland immer mehr Popularität gewann, diskutieren Experten darüber, inwiefern Airbnb und andere Angebote Probleme wie den Wohnraummangel und Mietexplosionen verschärfen. Erst einmal dürfen Wohnungshalter, die ihre Wohnung vermehrt auch via Airbnb an Touristen vermieten, selbstverständlich nicht allein für derartige Probleme verantwortlich gemacht werden. Im Kern sind es viele Faktoren, die hier hineinspielen. Unter ihnen auch der Trend für Investments in „Betongold“, der in den letzten Jahren dank Niedrigzinsen stets zugenommen hat. Die Politik diskutiert hinsichtlich Airbnb aber gezielt über die Frage, ab wann die Vermietung von Wohnungen rein kommerziell ist und ab wann Gastgeber, auch wenn sie zeitweise selbst in der Wohnung leben, eine gewerbliche Vermietung vollziehen. Dann müsse man die Sache tatsächlich verfolgen. Eine wirklich länderübergreifende Antwort gibt es bislang noch nicht. Wohl aber erste durchgreifende Maßnahmen in einzelnen Bundesländern.
So haben Berlin und Hamburg die Kurzzeitvermietung von Immobilien unter bestimmten Voraussetzungen bereits verboten. Stichwort ist hier das sogenannte „Zweckentfremdungsverbot“. Das Zweckentfremdungsverbot soll dafür sorgen, dass bestehender Wohnraum nicht mehr durch gewerbliche Nutzung zweckentfremdet wird. Von einer gewerblichen Nutzung gehen die Ämter dann aus, wenn mehr als 50 Prozent der Wohnfläche vermietet werden. Soll heißen, dass untervermietete Gästezimmer durchaus in Ordnung sind, aber ganze Immobilien nicht mehr vermietet werden dürfen. Mieter sind dazu aufgefordert, vor einer entsprechenden Vermietung das zuständige Bezirksamt aufzusuchen, um ihre Situation zu klären. Was auch besser ist, denn ein bewusster Verstoß gegen das Zweckentfremdungsverbot kann mit hohen Bußgeldern von bis zu 100.000 Euro einhergehen. Zu solchen Strafen kann es insbesondere in Berlin schnell kommen. Denn hier sind sogar die privaten Bürger dazu aufgefordert, gewerblich genutzten Wohnraum anonym zu melden, wobei es aber Umbruchsstimmung gibt. In Hamburg und anderen Städten sind die Umstände lockerer.
Auch Vermieter haben bei Airbnb ein Wort mitzusprechen.
Möchte man seine Wohnung als Gastgeber vermieten, steht einem neben dem Zweckentfremdungsverbot aber noch ein weiteres Verbot im Weg. Wenn man denn einen hat. Mit eigenen Immobilien kann man selbstverständlich über alle Verbote und Regeln hinweg machen, was man möchte. Bei vermieteten Immobilien gibt es noch den Paragraphen 540 aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch – welcher besagt, dass die Untervermietung an Dritte als Gastgeber ohne die ausdrückliche Erlaubnis des Vermieters nicht gestattet ist. Vermietet man die Wohnung über Airbnb und der Vemieter hat vorher nicht eingewilligt, dann hat er das Recht zur fristlosen Kündigung. Allerdings muss vorher eine Verwarnung oder Abmahnung mit fairer Frist ausgesprochen worden sein. Gab es diese Verwarnung oder Abmahnung nicht und der Vermieter kündigt fristlos, haben Vermieter laut Gesetz das Recht zum Einspruch und kommen damit meist auch durch. Für Airbnb bedeuten die zwei Verbote eine klare Restriktion.
Wogegen sich Airbnb selbstverständlich auch wehrt.
Mit etwa 10 Millionen gebuchten Übernachtungen in den ersten vier Jahren konnte Airbnb recht schnell zum weltweiten Marktführer im Bereich Homesharing werden. Heute ist die Plattform trotz vielfacher Kritik (auch über die Zweckentfremdung von Wohnraum hinaus) die erste Anlaufstelle für viele Touristen, um nach einer Unterkunft zu suchen. Und eine echte Konkurrenz für alle großen Hotelbuchungsportale. Das machen die Ergebnisse aus mehreren Statistiken deutlich:
- Airbnb ist weltweit in 191 Ländern und 81.000 Städten vertreten
- Die Plattform hat einen Firmenwert von etwa 31 Milliarden US-Dollar
- Weltweit gibt es pro Jahr 4,5 Millionen Übernachtungsinserate
- Bisher haben weltweit über 300 Millionen Gäste über Airbnb gebucht
- Durchschnittlich kostet eine Airbnb-Übernachtung in Deutschland nur 64 Euro insgesamt, wo vor allem zentrale Hotels kaum mithalten können

Es ist also durchaus interessant, was eine Plattform von dieser Größenordnung zu den Restriktionen in Deutschland zu sagen hat. DIE ZEIT hat sich damit Ende 2016 auseinandergesetzt und festgehalten, dass Airbnb schon da verbissen um den deutschen Markt gekämpft hat. Zwar ist Deutschland nicht einmal unter den fünf Ländern mit den meisten Inseraten, aber dennoch umsatztechnisch sehr wichtig. Das Geld verdient Airbnb über eine Servicegebühr, die sich prozentanteilig nach dem Buchungswert richtet und welche die Gäste bezahlen. Wenn die Kurzzeitvermietung in Deutschland aber verboten ist, kann sich das auf Airbnb äußerst geschäftsschädigend auswirken. Das lässt sich Airbnb nicht gefallen ist dem ZEIT-Artikel zufolge bereits dabei, die Gastgeber als „kämpfende Markenbotschafter“ zu mobilisieren. Anführer ist dabei der globale Kommunikationschef von Airbnb, Chris Lehane. Er hat schon als Berater des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton gearbeitet und sich mit seiner Arbeit den Spitznamen „Master of Desaster“ eingefahren.
Ob die Strategie aufgehen wird und sich Airbnb gegen den Wohnraummangel in Deutschland durchsetzen kann, weil erkannt wird, dass andere Faktoren eine ebenso große Rolle spielen, bleibt abzuwarten.
Fazit & Persönliche Meinung:
Vieles wird heißer gegessen, als es gekocht wird. Aus unserer Sicht trifft genau das auch auf die Angelegenheit Airbnb versus Wohnraummangel zu. Der Wohnraummangel (beziehungsweise eigentlich der „Mangel an bezahlbarem Wohnraum“) ist ein Problem, das sich schon seit Jahren zuspitzt und wofür viele verschiedene und teils deutlich stärker zu gewichtende Gründe existieren. Insbesondere die gesamteuropäische Niedrigzinspolitik, die am Ende des Tages sehr starke Mieterhöhungen hervorgerufen hat. Vor diesem Hintergrund ist die Debatte um das Verbot von Kurzzeitvermietung über Airbnb beinahe lächerlich. Natürlich sollte man dagegen vorgehen, dass Wohnungen allein gewerblich für die Airbnb-Vermietung unterhalten werden. Das ist unfair. Ebenso unfair ist es aber auch, alle über einen Kamm zu scheren und 100 Prozent der Gastgeber mit reinzuholen, die bei weitem keine gewerblichen Motivationen haben. Die tatsächlich im Durchschnitt auch nur 1.500 Euro im Jahr damit verdienen.
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